Die Diskussion um die aktuelle Reform der deutschen Rechtsschreibung zeigt deutlich, daß die Orthographie als Norm der Schreibung zu den am schwersten veränderbaren Teilbereichen der deutschen Sprache zählt, scheint sie doch ein Kulturgut zu sein, dessen Veränderung bei vielen Menschen auf große Ablehnung stößt. Ausgehend von einem Überblick über die Merkmale der orthographischen Norm, widmet sich die Arbeit zunächst der Rolle des Rechtschreibwörterbuchs bei der Kodifizierung der Orthographie. Im Mittelpunkt steht die Kodifizierung der deutschen Rechtschreibung vor der Reform im »Duden« und im »Österreichischen Wörterbuch«, den beiden einzigen (quasi-)amtlichen Wörterbüchern im deutschen Sprachraum. Auf eine einführende Darstellung ihrer Traditionen folgt die Klärung der Frage, inwieweit diese beiden Wörterbücher die deutsche Rechtschreibung zum Teil sehr unterschiedlich kodifizieren, obwohl sie sich auf dieselbe Grundlage berufen, die Ergebnisse der 2. Orthographischen Konferenz von 1901.
Durch Gegenüberstellung der beiden letzten Auflagen vor der Einführung der neuen Rechtschreibung sowie einzelner früherer Auflagen des »Österreichischen Wörterbuchs« soll geklärt werden, inwiefern die beiden Rechtschreibwörterbücher die deutsche Rechtschreibung laufend reformiert haben. Ziel der Untersuchung ist es, das tatsächliche Ausmaß der >schleichenden