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Gewissen und Gewissensbildung in der Psychotherapie
註釋1 Einleitung 1 Einleitung Mit dem Gewissen greifen wir in der vorliegenden Untersuchung bewusst eine Thematik auf, die im Bereich der humanwissenschaftlichen Handlungs- und 2 Werttheorie seit einigen Jahrzehnten eine eher marginale Rolle spielt . Wir br- gen damit zum Ausdruck, dass die Frage nach den evaluativen Faktoren mens- licher Selbststeuerung im Zeitalter des radikalen Individualismus und seiner ökonomischen und sozialpolitischen Folgen an Bedeutung gewonnen hat. Gewissensfunktionen gehören bekanntlich zu den alltäglichen regulativen Elementen des menschlichen Handelns. Dabei geht es in erster Linie um die den menschlichen Absichten, dem nachfolgenden Tun und den daraus entstehenden Konsequenzen zugrunde liegenden und den gesamten Prozess begleitenden - wertungsprozesse. Diese sind es, welche die menschlichen Aktivitäten im jew- ligen subjektiven Befinden emotional und kognitiv reflektieren. Wer handelt, stellt sich hinsichtlich Absicht, Vollzug und Konsequenzen vor seiner Integrität und derjenigen seines Umfeldes gleichsam in Frage und riskiert im schlimmsten Falle den Widerspruch der eigenen Selbstwertstruktur in Gestalt von Selbstkritik, Scham und Reue. Diesen Widerspruch bezeichnet die Umgangssprache als „schlechtes Gewissen“. Bleibt er aus, wird im Blick auf das Handeln von einem „guten Gewissen“ gesprochen. Letzteres bildet aktiv oder latent den selbstst- kenden Rückhalt allen menschlichen Tuns in verantwortlicher Freiheit – so - mindest lehrt die ethische Kultur des Abendlandes. Als handelndes identifiziert sich das Individuum als „Leib-Subjekt“ in Kon- 3 text und Kontinuum . Auf diese Weise formt es seine Geschichte, seine Identität (Ich-Bewusstsein), seinen Selbstwert und seine Lebenswelt.