Berufliche Belastungen durch Tätigkeiten im Knien oder Hocken
zählen zu den Risikofaktoren für Verletzungen und Erkrankungen
der Kniegelenke wie Meniskopathien oder Arthrosen. Da der
Kenntnisstand zu Art, Vorkommen und Häufigkeit von Kniebelastungen
in einzelnen Berufen als gering einzustufen ist, war es ein Ziel dieser Arbeit, neue Erkenntnisse zur Qualität und Quantität beruflicher Kniebelastungen zu gewinnen. Zu diesem Zweck wurden in Kooperation mit den zuständigen Trägern der gesetzlichen
Unfallversicherung messtechnische Untersuchungen an
verschiedenen Arbeitsplätzen durchgeführt (Studienteil A). Da
es z. B. in wissenschaftlichen Studien oder Berufskrankheiten-
Feststellungsverfahren eine übliche Methode ist, Probanden
bzw. Versicherte per Fragebogen ihre Kniebelastung selbst
einschätzen zu lassen, sollte in einem zweiten Studienteil B der
Frage nachgegangen werden, wie valide solche Eigenangaben
sind.
Zur Analyse der Körperhaltungen in Studienteil A wurde das
Messsystem CUELA des Instituts für Arbeitsschutz der Deutschen
Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) eingesetzt. Im
Praxis-Einsatz konnten insgesamt 242 Arbeitsschichten untersucht
und entsprechende Kniebelastungsprofile erstellt werden.
Die auf diese Weise erhobenen Daten zur quantitativen Kniebelastung
bildeten die Basis für die Entwicklung des Katasters
GonKatast. Dieses umfasst Expositionsdaten zu 81 typischen
Tätigkeiten (60 Tätigkeitsmodule und 21 Sonderfälle) aus
16 verschiedenen Berufen.
Für die arbeitstägliche Dauer der Belastungen hat sich gezeigt,
dass Zeitanteile von über 50 % einer Arbeitsschicht bei Berufen
wie Fliesenleger oder Installateur durchaus keine Seltenheit
sind. Gleichzeitig war eine erhebliche Variation der täglichen
Kniebelastungszeiten innerhalb der einzelnen Berufe zu beobachten,
sodass die Kniebelastung nicht berufsspezifisch, sondern
tätigkeitsbezogen zu erheben und einzustufen ist.
Der Einsatz einer aufwendigen Messtechnik in dieser Studie
erlaubte erstmals die Untersuchung der Anzahl der täglichen
Kniebelastungsphasen und ihrer jeweiligen Dauer in verschiedenen
Berufen, der beim Knien, Hocken oder Kriechen eingenommenen
Kniewinkelbereiche sowie der Symmetrie der Belastungen
bezüglich beider Kniegelenke.
Der in Studienteil B durchgeführte Vergleich der gemessenen
mit der von den Probanden selbst geschätzten Kniebelastungsdauer
ergab große Unterschiede zwischen beiden Methoden.
Demnach waren die Probanden nicht in der Lage, die Dauer
ihrer Kniebelastung valide einzuschätzen – sowohl direkt im
Anschluss an die Messung als auch sechs Monate später. In der
Regel wurde die Belastungsdauer überschätzt, aber auch Unterschätzungen traten in nicht zu vernachlässigendem Umfang auf.
Niedrig Exponierte konnten ihre Belastung üblicherweise besser
abschätzen als hoch Exponierte. Generell ist zu berücksichtigen,
dass alle Probandenangaben ohne Plausibilitätskontrolle in die
Auswertung eingingen.
Die Ergebnisse der Arbeit sprechen dafür, aufgrund der Limitationen
von Selbsteinschätzungen in zukünftigen Studien verstärkt
auch Katasterdaten zur Expositionsermittlung zu nutzen. Die
messtechnischen Analysen der Kniebelastungen können einen
Beitrag zum Verständnis der Pathomechanismen von Kniegelenkserkrankungen leisten.