Der Videorekorder gab den Startschuss zu einer globalen Medienkultur – vom zeitversetzten Fernsehen über das individuelle und eigensinnige Aneignen von Bewegtbildern bis hin zum unüberschaubaren Markt von Programmen jenseits der klassischen Massenmedien. In einem sich gegenseitig bedingenden und hervorbringenden Wechselspiel zwischen Medien, Gesellschaft und Subjekten unterliefen sich dabei vermehrt klassische binäre Modelle wie Medium und Welt oder Fiktion und Realität.
Indem die Nutzerinnen und Nutzer begannen, Filme und Fernsehprogramm zu kontrollieren, legten sie den technischen und artifiziellen Charakter der bewegten Bilder frei. Aus dem ehemaligen Fenster zur Welt, wurden zahllose Fenster in der Welt. Es entstand eine neuartige mediale Kompetenz, die ein auf den ersten Blick widersprüchliches Verhältnis zwischen Subjekt und Medium zur Folge hatte: Mit der Entzauberung des Mediums vergrößerte sich der Abstand zwischen beiden 'Polen', löste sich aber gleichzeitig auf. Es entwickelte sich eine universale Kulturtechnik des Bildes, die sich nicht auf einzelne Medien reduzieren lässt, sondern vielmehr mit zahlreichen nicht-medialen Bereichen korrespondierte. Der Begriff der Postmoderne drängt sich hier förmlich auf.
Hendrik Pletz folgt den Spuren des medialen Wissens: Ausgehend von der technischen Durchdringung der Haushalte, der gesellschaftlichen Suche nach Authentizität, Konsummustern, Körperpraktiken, fernsehinstitutionellen Debatten sowie zahlreichen Filmen und Fernsehsendungen, setzt Pletz das Mosaik eines historischen Wandels zusammen, dessen Wegbegleiter der Videorekorder war.