Meisterwerke der griechischen Kunst, Statuen und Gemälde, wurden ab republikanischer Zeit in großer Zahl von ihren originalen Standorten nach Rom entführt. Dort schmückten sie öffentliche Orte, genau wie Jahrhunderte später wiederum griechische Kunstwerke, die in die neue Hauptstadt Konstantinopel versetzt wurden. Der vorliegende Band liefert uns eine Fülle an schriftlichen und archäologischen Zeugnissen zu den Werken und ihren neuen Standorten.
Die Verfasserin erklärt das Phänomen in einer breiten Perspektive, die von römischen Kunstkriterien zur politischen Kommunikation führt. Zentraler Begriff ist das Decorum, das "Passende", das nach Cicero die stimmige Kombination eines bedeutungsvollen Kontextes mit der Selbstdarstellung des Auftraggebers und den inhaltlichen Aussagen der Werke selbst bezeichnet.
Chronologisch fortschreitend ist zu verfolgen, wie die griechischen Kunstwerke als Decorum öffentlicher Orte Roms eingesetzt wurden, von den Tempeln der republikanischen Imperatoren bis zu den komplexen Ausstattungen kaiserzeitlicher Fora. Im Kontext ziviler Aktivitäten und staatlicher Zeremonien vermittelten sie ein weites Spektrum an politischen Werten und Programmausssagen des Herrscherhauses.
Die Werke, die ab dem 4. Jh. n. Chr. auf politische Plätze der neuen Hauptstadt versetzt wurden, besaßen noch immer das Potential, die Facetten herrscherlicher Macht und Sieghaftigkeit zur Anschauung zu bringen. Der vergleichende Blick auf Konstantinopel bestätigt die anhaltende Bedeutung von griechischen Werken als adäquatem Schmuck politischer Räume. Erst im 6. Jh. n. Chr. verloren ihre paganen Inhalte jeden Zusammenhang mit dem Weltbild einer christlichen Gesellschaft.
Zweifellos waren – so zeigt die Verfasserin – griechische Kunstwerke in der "Emigration" kein Randphänomen, sondern ein wesentlicher Beitrag zum politischen Leben Roms und Konstantinopels.