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Die deutsche Seele
註釋Die Deutschen leben heute deutlich länger als vor hundert Jahren, machen mehr Urlaub, verfügen über eine wesentlich bessere Gesundheitsversorgung, ein Großteil der mittleren Generation hat bis an sein Lebensende dank staatlicher Renten einigermaßen ausgesorgt. Es geht ihnen - objektiv gesehen - besser denn je zuvor. Doch glücklicher und zufriedener sind sie deshalb noch lange nicht - allenfalls satt, bequem und träge, neidig, geizig, ängstlich, selbstgerecht und selbstmitleidig und in hohem Maße depressiv. Mit der Weltmacht Amerika über Kreuz, die Wirtschaft am Boden, Deutschlands Ruf als finanziell solider Stabilitätswächter in Europa dahin und die Deutschen zutiefst verunsichert, ist die "maladie Allemande", die deutsche Krankheit, wieder zur gängigen Formel eines Landes geworden, dessen Gemütskillerthemen immer konkreter werden. In der deutschen Gefühlswelt findet der Weltuntergang täglich mehrere Male statt: Das Weltklima verändert sich, der Wald stirbt, der Rhein ist vergiftet, Seuchen werden sich ausbreiten, die Menschheit ist vom Hungertod bedroht, und der nächste Weltkrieg steht vor den deutschen Grenzen. Diese notorische Untergangsstimmung belastet die deutsche Seele, steigert ihre Qual und verdunkelt den Ausblick auf neue Herausforderungen und neue Hoffnungen.