Die Strategien adliger Besitzsicherung, insbesondere jene des ehemaligen ostelbischen Lehnadels, sind bis heute ein bevorzugtes Feld der Adelsforschung. Im Unterschied zum Adel im Westen und Suden Deutschlands waren die Besitzwechselanteile bei den Rittergutern des ostelbischen Adels im 18. und 19. Jahrhundert relativ hoch. Sie gelten noch heute Teilen der Forschung als zentrale Indikatoren dafur, dass sich der ostelbische Adel um 1900 im Todeskampf befunden hatte. Dirk H. Muller weist in seiner Studie nach, dass die hohen Besitzwechselanteile auf dem Gutermarkt Brandenburgs und Pommerns und die konstatierten Besitzverluste des Adels die in Ost und West vollig unterschiedlichen Strategien des Adels ausser Acht lassen, ihren Besitz zu wahren. Die von Muller akribisch rekonstruierten Besitzsicherungsstrategien des Familienbesitzes zur ganzen Hand induzierten im Osten andere innerfamiliale Formen der Besitzwahrung als westlich der Elbe, da hier schon seit langem das Majorats- und Fideikommissprinzip praktiziert wurde. Muller zeigt nun, dass auch das Vererbungsmuster des Familienbesitzes zur ganzen Hand in der Lage war, den Gutsbesitz des Adels zusammenzuhalten. Die Studie macht damit nicht nur einen bisher von der Adelsforschung vollig ubersehenen Aspekt des Adelslebens erstmals sichtbar. Sie ist daruber hinaus auch deshalb fur die aktuelle Geschichtsforschung von Bedeutung, weil sie die grossen, in der Geschichtswissenschaft viel zu wenig genutzten Erkenntnischancen einer politischen fundierten Rechtsgeschichte vor Augen fuhrt."