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Januar – Dezember 1703
註釋

Dass der Band mit insgesamt 451 Stucken ausnahmsweise ein ganzes Jahr umfasst, kommt nicht von ungefahr. Leibniz Korrespondenz ist weniger dicht als in den Vorjahren; er selbst sieht sich geradezu abgeschnitten von nova literaria . Die Grunde dafur sind vielfaltiger Natur; die von ihm selbst angefuhrten gesundheitlichen Probleme durften (auch wenn sie ihn von nun an bis zu seinem Lebensende begleiten werden) nur eine Nebenrolle gespielt haben. Vor allem sehen wir Leibniz in diesem Jahr, das er zu fast gleichen Teilen an den Hofen zu Berlin/Lietzenburg und Hannover/Herrenhausen verbringt, in einem fruchtbaren, absorbierenden Schaffensprozess. Einbezogen in die philosophischen Dispute am Hofe der preussischen Konigin, und auch nach der Ruckkehr nach Hannover im Dialog mit ihr gibt er mehreren Vortragen (darunter der zunachst fur diesen Hof bestimmten Meditation sur la notion commune de la justice ) Schriftform. Auch die Auseinandersetzung mit John Locke (und ebenso mit Francois Lamy) nimmt, in den Briefen gespiegelt, Gestalt an. Aus dem Austausch mit dem Chinamissionar Bouvet uber anscheinende Parallelen zwischen dem binaren Zahlensystem und den Hexagrammen des Yijing erwachst der Essay d une nouvelle sciences des nombres . Auch wenn die welfische Hausgeschichte fast nur in den Briefen des Amanuensis Eckhart prasent ist, kundigt sich eine wesentliche Vorleistung dazu an: die Quellenedition Scriptores rerum Brunsvicensium, deren Konkretisierung den Band hindurch zu verfolgen ist. Hemmend auf den Austausch in der Gelehrtenrepublik durfte sich auch die Tagespolitik ausgewirkt haben, insbesondere die beiden grossen europaischen Kriege. Der Spanische Erbfolgekrieg bringt Einschrankungen des Briefverkehrs mit sich; zusammen mit dem (3.) Nordischen Krieg steht er bei Leibniz und vielen Korrespondenten im Zentrum des Interesses. In der ersten Jahreshalfte lasst sich seine Information zum politischen Geschehen minutios verfolgen anhand der Berichte, die ihm durch eine hannoversche Nachrichtenagentur zukommen zusammen mit Mitteilungen vom Geschehen am dortigen Hofe. Damit bietet der Band reiches Quellenmaterial zur hannoverschen Hof- und Stadtgeschichte. Leibniz selbst ist interessierter Beobachter des politischen Geschehens und agiert gelegentlich aus dem Hintergrund: wie mit einer anonymen Polemik fur die Rechte des neuen habsburgischen (Gegen-)Konigs in Spanien oder der Verteidigung unglucklichen militarischen Agierens Braunschweig-Luneburgs im Spanischen Erbfolgekrieg gegenuber westeuropaischen Korrespondenten. Eine kleine Rolle kommt ihm zu bei der Aussohnung zwischen den Welfenhofen und der Beseitigung von Differenzen zwischen Hannover und Berlin. In den Augen manches Korrespondenten schwankt Leibniz zwischen diesen beiden Herren. Tatsachlich dies lasst der Band deutlich erkennen gelten seine (nach aussen gut verschleierten) Wechselabsichten einem anderen Hof, dem sachsisch-polnischen Augusts II. In diesem Zusammenhang steht auch eines der grossen Projekte, das fortan verfolgt wird: die Seidenzucht. Leibniz versucht sie nicht nur im Kurfurstentum Sachsen, sondern gleichzeitig auch in Brandenburg zu etablieren sein spates Diktum von seiner Freiheit von jeglicher territorialen Bindung quasi vorwegnehmend."